Im Jahre 2011 hat Benjamin Grund in der Erzgießereistraße seinen Laden helm & more eröffnet. Von Integralhelmen bis zu Replikamodellen wie dem des italienischen Motorradrennfahrers Marco Melandri mit Comics und Glitzerelementen finden Liebhaber des Zweirads hier ihren Kopfschutz. Doch bei einer Gründung läuft nicht immer alles glatt. Womit er nicht gerechnet hat, erzählt er im Gespräch mit Karriere München-Redakteurin Bettina Riedel.
Herr Grund, wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich mit helm & more selbstständig gemacht haben?
Erst einmal war es eine vergleichsweise spontane Idee. Mein damaliger Arbeitgeber stand kurz vor der Insolvenz, also musste ich mich nach neuen Möglichkeiten umsehen. Letztendlich habe ich mich dazu entschlossen, meinen eigenen Weg zu gehen. Da ich bereits ein Helmgeschäft als Teil einer Handelskette geführt hatte, wusste ich in etwa, worauf ich mich einlasse. Ich selbst bin natürlich auch Motorradfahrer und so wollte ich die Chance nutzen, mir etwas Eigenes aufzubauen.
Überall liest man, dass der stationäre Handel große Probleme hat. Warum haben Sie trotzdem ein Geschäft gegründet?
Aus meiner Zeit in dem anderen Laden wusste ich, dass eine einzelne Filiale für Helme einen sehr guten Umsatz erwirtschaften kann. Ich denke, dass das auch an der Beratungsleistung liegt, die aber leider nur zum Teil honoriert wird. Im Fachgeschäft werden Kunden noch richtig beraten, dort wird getestet und ausprobiert – das geht in einer virtuellen Umgebung alles nicht. Dafür aber kommen Kunden ins Geschäft, weil sie mich im Netz gefunden haben. Im Endeffekt nutzt mir online also.
Bei so viel Erfahrung – lief dann alles glatt?
Nein, es war wirklich eine extrem harte Zeit. Man muss einen Businessplan schreiben, für den man vor allem fiktive Zahlen zu Umsatz und Gewinn angeben muss. Meine Erfahrung war zwar von Vorteil, trotzdem wurde mein Plan in der ersten Runde abgelehnt. Die größte Überraschung war letztendlich, dass mein Umsatz höher ausfiel als gedacht und der kalkulierte Gewinn dafür wesentlich geringer.
Woran lag das?
Es kommen einfach so viele Ausgaben dazu, die vorab nicht eingerechnet oder definitiv zu gering eingeschätzt wurden. Beispielsweise Posten wie Aushilfen oder ein Steuerberater. Was man auch lernen muss, ist, die Stunden nicht zu zählen. Anfangs war ich sogar am Sonntag im Laden. Selbst jetzt habe ich im ganzen Jahr nur eine Woche Urlaub – in den ersten beiden Jahren ging das gar nicht. Da war es wichtiger, die Tilgung bei der Bank bezahlen zu können.
Apropos Bank: Wie leicht ging das mit der Finanzierung?
Leider nicht ganz so leicht. Bei meiner damaligen Hausbank wurde der sehr sorgfältig erstellte Businessplan direkt abgelehnt. Das war ein Schock. Also musste ich erneut suchen und bin dann zur Raiffeisenbank München Süd eG gegangen. Von dort wurde ich schnell zu einem sympathischen Gespräch eingeladen.
Bei so viel Zeitaufwand und Risiko – sollte man wirklich das Hobby zum Beruf machen?
Ich muss da ehrlich sagen, dass ich mich an meinem einzigen freien Tag pro Woche nicht mehr aufs Motorrad setze. Das Hobby bleibt damit voll auf der Strecke. Was geblieben ist, ist die Freude am Beruf. Rückblickend würde ich mir allerdings einen Gründungspartner suchen, der mich entlastet oder auch einfach mal vertreten kann, beispielsweise wenn ich krank bin.
Wie gestalten Sie dann Ihren Ausgleich?
Mein Ladengeschäft ist saisonal, das heißt im Winter bin ich auf andere Verdienstmöglichkeiten angewiesen. Mein zweites Standbein war schon immer die Musik – hier habe ich bereits seit Jahren eine erfolgreiche Tournee, auf die ich jeden Winter gehe. In der Zwischenzeit habe ich auch mal beim Musical Cats mitgearbeitet, oder auf der Hochzeit von Philipp Lahm gesungen.
helm & more liegt unweit des Landgerichts. Beeinflusst das eigentlich den Geschäftsalltag?
Definitiv. An sich liegt helm & more in einer kleinen Seitenstraße der Nymphenburger Straße. Die Polizei hat sie während des NSU-Prozesses aber auch zur Sicherheitszone erklärt. Das heißt, sie war unter der Woche von 7 bis 18 Uhr gesperrt. Mitten in der Saison kam plötzlich niemand mehr zum Laden durch! Wer sich doch durchgemogelt hat, bekam einen Strafzettel. Die habe ich dann für meine Kunden bezahlt – das aber schmälert die Händlermarge wiederrum enorm. Erst das Innenministerium hat dann bewirkt, dass das Halteverbot nur frühmorgens galt.
Solche Situationen beinhaltet der Businessplan natürlich nicht. Gab es weitere gefährliche Stolpersteine?
Ja. Als ich die Räumlichkeiten für den Laden gemietet habe, hat mir die Maklerin beispielsweise nicht gesagt, dass die Häuser gegenüber abgerissen werden. Die Baustelle ist riesig, verbreitet ordentlich Lärm und Dreck – und dauert mal eben zwei Jahre. Wenn so etwas wie ein Kran auf- und abgebaut wird, wird die Straße auch für ein komplettes Wochenende wieder gesperrt. Es ist auch eine Herausforderung, sich jeden Tag aufs Neue selbst zu motivieren. Es gibt niemanden, der dich führt und es gibt auch kein Feedback von Kollegen. Letztendlich liegt es an einem selbst, die nötige Motivation in sich zu finden – da spielt die Leidenschaft für das Produkt eine große Rolle.
Sportzubehör muss nicht immer funktional aussehen. Wie das geht, zeigt der gelernte Reiseverkehrskaufmann Ben in seiner Helmboutique helm & more. Immerhin 75 Prozent seiner Kunden fahren Vespa, doch Ben bietet euch natürlich mehr als nur die Jethelme.
helm & more
Erzgießereistraße 3
80335 München
089-37946646
helm-and-more.de