Die Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München (AKM) hat seit der Gründung 2004 zum Ziel, Familien mit schwerst- oder unheilbar kranken Kindern zu helfen. Im Laufe der Zeit entstand ein großes Beratungs- und Betreuungszentrum für die Krisenintervention und ambulante Nachsorge. Heute verfügt der Dienst über ein multiprofessionelles Team aus Ärzten, Psychologen, Sozialpädagogen, Hebammen und Pflegekräften!
Ein Tag im Leben einer Koordinatorin
Es ist ganz früh morgens, die klamme Kälte hängt noch in der Luft, während unsere Koordinatorin Anna Becker eine Runde mit ihrem Hund geht. Gut im Tag ankommen, mit beiden Beinen auf dem Boden stehen, bei sich sein – das ist wichtig – dann wird es ein guter Tag.
Am liebsten redet Anna Becker über das Lachen. Das Leben. Die Hoffnung. Und darüber, was all das mit dem Sterben zu tun hat. Anna Becker arbeitet bei der Stiftung AKM als Familienkoordinatorin und betreut im Schnitt jährlich 30 Familien. Im ersten Halbjahr 2017 waren 290 Familien in der Betreuung der Stiftung AKM. Sie eint vor allem eines: Es gibt ein Kind, das schwerst- oder unheilbar krank ist.
Hospize für Kinder unterscheiden sich erheblich von der Erwachsenenhospizarbeit. In der Stiftung AKM geht es auch um ganz viel Leben und da die Lebenszeit eben stark verkürzt ist, sogar um ganz viel und ganz intensives Leben, komprimiert auf die verbleibende Zeit. Zu uns kommen Familien ab der Diagnose, das kann heißen: bereits ab der 16. Schwangerschaftswoche. Daher ist die Zeit oft gar nicht so kurz, manche Familien begleiten wir über Jahre.
Vielfältiger als gedacht
Außerdem sind unsere Koordinatorinnen für die ganze Familie da. Sie helfen bei Anträgen, bei der Betreuung der Geschwister, organisieren finanzielle Unterstützung und schaffen so Raum für Normalität. Das Leben steht im Vordergrund, nicht das Sterben.
Manchmal bleiben ich oder ein ehrenamtlicher Familienbegleiter einfach am Krankenbett des Kindes, damit die Eltern mal Zeit für sich haben oder einen wichtigen Termin wahrnehmen können. Man schenkt ihnen kostbare Minuten von der Zeit, die übrig ist, erklärt Anna Becker.
Der Tagesablauf einer Koordinatorin ist ganz vielschichtig – immer anders und verlangt sehr viel Flexibilität, sich immer wieder auf neue und unerwartete Situationen einzustellen. Damit die Familien notwendige Stützen bekommen, sozial eingebunden sind und eine Einheit bleiben, ist viel Hilfe nötig: Alles kann den Tag ausfüllen, angefangen bei der Unterstützung bei der Organisation einer Beerdigung, der Trauerarbeit bis hin zur -bewältigung. Aber es gibt eben auch Momente voller Hoffnung, wenn sich zum Beispiel eine Familie meldet, dass sie keine Hilfe mehr benötigt, weil die Leukämie des erkrankten Kindes so weit im Griff ist, dass sie wieder selbstständig den Alltag meistern können – das sind dann Momente voller Freude.
Als Koordinatorin erlebt man all das. Man muss auch mal die Stille aushalten können, die Angst, die Hoffnungslosigkeit der Familie mittragen. Man kann das Unglück nicht schöner machen, aber man kann eine Stütze sein. Und morgen ist auch wieder ein guter Tag – auch, wenn er für manche der schlimmste des Lebens ist. Es ist gut – gut, dass wir da sein können.
Der Weg, den unsere Familien gehen, ist oft sehr steinig und viele Hindernisse müssen überwunden werden. Erträglicher und ein wenig einfacher wird dieser Weg, wenn er nicht alleine bestritten werden muss. Wir gehen diesen Weg gemeinsam mit unseren Familien. Wenn er einmal steil wird, wenn die Kraft nachlässt, wenn er unendlich scheint und auch dann, wenn der Weg eine Entscheidung abverlangt und sich teilt, dann sind wir da. Denn gemeinsam ist man stärker.