Edit 2020: Da seit März 2019 nichts mehr über und von den Rosinenpickern kommuniziert wurde, ist das Unternehmen scheinbar liquidiert.
Sport und Kuchen mag für viele ein Widerspruch sein – aber nicht für Dana Behncke. Die ehemalige Leistungssportlerin führte es zunächst in die IT-Branche, bis sie schließlich ihre Bestimmung in einem Onlineshop für Kuchen fand. In einem Interview mit karrieremuenchen.de schildert die Gründerin ihren spannenden Weg in die Selbstständigkeit.
Ihre berufliche Laufbahn hat mehrere Stationen durchlaufen. Würden Sie kurz Ihren Weg von Leistungssportlerin zur Konditorei-Besitzerin beschreiben?
Mit dem Sport bin ich schlichtweg groß geworden. Somit lag es nahe, dem Sport treu zu bleiben. Später entschied ich mich dann für ein Sportmanagementstudium. Nach dem Studium führte mein Weg mich dann nach Montreal, Kanada, wo ich im Rahmen von Work & Travel in einem Café gearbeitet habe. In Kanada kam mir dann erstmals die Idee, Kuchen zu individualisieren. Damals war ich jedoch noch zu jung und hatte auch noch nicht die nötige Erfahrung, um meine Idee tatsächlich umsetzen zu können.
Als ich nach Deutschland zurückkehrte, war ich zunächst bei Gore-Tex im Marketing tätig und wechselte im Anschluss zu Microsoft – zunächst ins Eventmarketing und letztendlich ins Produktmanagement. Während der letzten zwei Jahre fing ich parallel an, „Die Rosinenpicker“ auf die Beine zu stellen, da mir bei Microsoft der handwerkliche Aspekt fehlte und ich einen neuen Schritt wagen wollte. Seit Februar diesen Jahres betreiben wir „Die Rosinenpicker“ nun intensiv.
In der Konditorei-Branche sind Sie ja quasi „Quereinsteigerin“. Was genau hat Sie dazu inspiriert, sich beruflich Kuchen zu widmen?
Generell gab es die letzten Jahre den Trend, Essen zunehmend zu individualisieren, insofern bot sich das als Geschäftsgrundlage sehr gut an. Meine Inspiration ist aber auch auf einen familiären Einfluss zurückzuführen, denn neben dem Sport bin ich außerdem mit dem Backen groß geworden. Schon als Kind habe ich immer gesagt: „Ich werde Chocolatier“, weil ich Schokolade über alles geliebt habe. Einige Rezepte, die wir aufgenommen haben, stammen tatsächlich auch von meiner Mama.
Wie genau funktioniert der Kuchen-Konfigurator aus IT-Sicht? Haben Sie das Konzept selbst entwickelt?
Der Produkt-Konfigurator ist an sich keine neue Erfindung. Mit Hilfe des Systems „WooCommerce“, kann man seinen Onlineshop nach variablen Produkten einstellen. Das heißt, pro Kuchen hat der Kunde drei bis vier Schritte, um seinen Kuchen selber mitzugestalten, indem er beispielsweise seine Lieblingsfrüchte auswählt. Das Ganze funktioniert nach dem Baukastenprinzip. Bisher haben wir von unseren Kunden positive Rückmeldungen erhalten, dennoch ist man generell daran gewöhnt, sich seinen Kuchen vor Ort in einem Café auszusuchen. Insofern ist es doch wieder etwas Neues. Die Idee ist, dass jeder einen Kuchen ganz nach seinem Geschmack bekommt und sich nicht mit Massenwarezufrieden geben muss.
Ist „Die Rosinenpicker“ denn eine reine Online-Konditorei?
Ja, das Konzept ist in der Tat ein reines Onlinekonzept – ich selbst beschreibe „Die Rosinenpicker“ auch immer als Online-Konditorei. Die Nachfrage nach einem Café ist jedoch relativ hoch, weshalb ich wahrscheinlich auch den Weg online zum stationären Handel gehen werde. Wir möchten unseren Kunden auch die Möglichkeit geben, zu uns in die „Werkstatt“ zu kommen.
Haben Ihre Erfahrungen und Kenntnisse, die Sie in der IT-Branche erworben haben, die Entstehung Ihrer Konditorei begünstigt?
Definitiv! Ohne die Erfahrung bei Microsoft hätte ich wahrscheinlich nie den Mut gehabt, mich selbstständig zu machen. Meine Position als Produktmanagerin hat mich sehr gut vorbereitet – zum Beispiel, was Marketingaspekte meiner jetzigen Aufgabe betrifft oder auch, dass ich mich an Verantwortung insgesamt gewöhnt habe. Als Gründerin muss ich übrigens genauso teamfähig sein wie als Angestellte. Microsoft hat eine „get it done“-Mentalität, ist also sehr umsetzungsfokussiert. Diese Einstellung ist gerade in einem Start-up Gold wert, denn ohne Marketing und PR kommt ein junges Unternehmen in der Regel nicht auf die Beine.
Das betrifft auch eine gewisse Risikobereitschaft und Investitionen. Wie haben Sie sich eigentlich finanziert?
Tatsächlich gibt es bei „Die Rosinenpicker“ keine Investoren, denn das gesamte Konzept habe ich alleine finanziert. Gleich zu Anfang habe ich jedoch zwei größere Kunden gewinnen können, die ich bisher regelmäßig beliefere und die somit maßgeblich zur Refinanzierung beigetragen haben. Dadurch habe ich seit Februar kaum Verluste verzeichnet. Das war in diesem Jahr natürlich sehr komfortabel. Mittlerweile konnte ich durch Marketingaktionen auch viele neue Kunden dazu gewinnen. Diesen Schwung würde ich für das nächste Jahr gerne weiterbehalten, um gesund weiter wachsen zu können.
Was macht „Die Rosinenpicker“ aus? Worauf liegt der besondere Fokus?
Der wohl größte Unterschied zu einem Standard-Bäcker ist, dass die Kuchen auf den persönlichen Geschmack des Kunden zugeschnitten sind. Im Vergleich zu anderen findet man bei uns keine Massenware! Wir legen großen Wert auf Individualität und Frische. Ein großer Vorteil ist, dass wir auch sonntags frisch liefern, was erstaunlicherweise vielen Kunden sehr wichtig ist.
Was hat sich für Sie persönlich seit der Gründung Ihres Start-ups geändert? Wie schätzen Sie Ihre Selbstständigkeit im Gegensatz zur Ihrer vorherigen Festanstellung ein?
Ich würde jedem den Schritt zur Selbstständigkeit empfehlen. Es ist teils sehr anstrengend, auch mal frustrierend und man zweifelt oft. Aber ich persönlich finde es sehr spannend, das eigene Produkt oder die eigene Idee umzusetzen. Zu sehen, dass es auch funktioniert und positives Feedback zu bekommen, ist sehr schön und bestätigt. Ein großer Vorteil ist, dass man seine Zeit selbst einteilen kann, auch wenn man sich natürlich nach den Kunden richtet. Nichtsdestotrotz ist man sein eigener Chef, kann selber Ideen entwickeln und viele neue Kontakte knüpfen. Es ist auf jeden Fall eine Erfahrung, an der man wächst und die ein stückweit auch Freiheit bedeutet.
Gibt es Tipps, die Sie Start-up Gründern oder Gründerinnen mit auf den Weg geben wollen?
Wenn einem die Idee wirklich wichtig ist, muss man definitiv einen langen Atem mitbringen, denn es ist manchmal echt schwer, sich selbst zu motivieren. Das Wichtigste, was ich für mich persönlich herausgefunden habe, ist: Man muss Marketing machen, also Werbung, um das Interesse der Leute zu gewinnen! Ohne das funktioniert es nicht.
Interview und Text von Joyce Osagie