Die Studierenden Maleen Maack und Raphael Draeger hatten einen Plan: Kostenfrei Lastenfahrräder als nachhaltige Alternative zum Auto zur Verfügung zu stellen, wann immer eines gebraucht wird. Im Projektseminar von Prof. Dr. Gerald Beck konnten sie ihre Idee binnen eines Semesters entscheidend voranbringen und inzwischen rollen bereits 5 ihrer Freien Lastenradl durch München.
Euer Projekt stellt den Menschen in München kostenlos Lastenfahrräder zur Verfügung. Warum ausgerechnet Lastenfahrräder und nicht normale Räder?
Ein Lastenfahrrad ist ein vielseitiges Transportmittel, mit dem viele Alltagsbesorgungen erledigt werden können. Unser Ziel ist es, eine Alternative zum Auto zu bieten, die über das gewöhnliche Fahrrad mit Fahrradkorb oder Gepäcktaschen hinausgeht. Mit unseren Freien Lastenrädern möchten wir den Menschen ermöglichen, zu den Anlässen, zu welchen das eigene Rad nicht ausreichend ist, ein Lastenrad nutzen zu können und nicht ein Auto nehmen zu müssen. Wir sprechen gezielt die Menschen an, die nur gelegentlich ein Lastenrad benötigen. Nach dem Motto „Teilen statt Besitzen“ sparen wir gemeinsam Ressourcen.
Um ein solches Projekt auf die Beine zu stellen braucht es natürlich finanzielle Mittel. Wer sind eure Sponsoren und wie viel Support braucht ihr, um beispielsweise fünf weitere Freie Lastenradl anbieten zu können?
Wir haben viele Unterstützer*innen. Mit dabei sind derzeit der Green City e.V., der Stadtteilladen Trudering, die Stadtbibliothek Giesing und ganz viele weitere ehrenamtlich aktive Menschen in und um den Lastenradl München e.V.
Genaue Zahlen können wir im Moment noch nicht liefern, aber wir rechnen mit einem Gesamtbudget von 10.000 Euro für die Anschaffung eines Lastenfahrrads mit E-Antrieb inklusive 5 Jahre Wartung und Unterhalt im Verleih. Lastenfahrräder ohne E-Antrieb sind um einiges günstiger in der Anschaffung und der Reparatur. Perspektivisch möchten wir bei uns eine größere Vielfalt an Lastenrad-Modellen in den Verleih bringen.
Welche Schwierigkeiten galt es anfangs zu überwinden?
Am Anfang haben wir sehr viel Zeit in das Aufsetzen unserer Buchungswebseite investiert. Was uns vor Herausforderungen gestellt hat, war das Entwerfen der rechtlichen Dokumente, die wir für den Verleih benötigen. Die Gründung des Vereins dagegen verlief schnell und einfach, dank der Hilfe von über 10 weiteren Gründungsmitgliedern. Im Moment müssen wir allerdings noch auf den Bescheid zur Gemeinnützigkeit warten, bevor wir ganz durchstarten können.
Angenommen ich bin Münchnerin und würde mir über euren Verein gerne ein Lastenrad leihen. Wie und wo komme ich an eines?
Um ein Lastenradl zu buchen, muss man sich einen Account auf unserer Buchungswebseite www.freie-lastenradl.de erstellen. Dann kann man mithilfe einer Karte und einem Kalender das gewünschte Rad 1 bis 3 Tage ausleihen. Man erhält ein Codewort, mit dem man am gebuchten Tag zur Station gehen und das Fahrrad abholen kann. Die Abholung und Rückgabe richtet sich immer nach den auf der Buchungswebseite angegebenen Öffnungszeiten der Station, da die Übergabe bei uns immer persönlich erfolgt.
Welchen Nutzen haben eure Verleih-Stationen davon, wenn sie eure Räder zur Verfügung stellen/den Verleih abwickeln?
Durch ein Engagement bei uns kann die Station direkt an der Verkehrswende für München mitarbeiten. Durch das zusätzliche Angebot eines Freien Lastenradls werden die Stationen wie beispielsweise eine Stadtteilbibliothek noch attraktiver für Menschen aus dem Viertel. Außerdem sind unsere Lastenräder ein echter Hingucker – auf der Straße und auch digital.
Prof. Gerald Beck, Sie sind Professor für Soziale Innovation und Organisationsentwicklung an der Hochschule München und haben das Projekt „Freie Lastenradl“ zum Thema Ihres Seminars gemacht. Wie kam es dazu?
Die beiden Gründer*innen sind auf mich zugekommen. Sie studieren beide im Studiengang „Management Sozialer Innovationen“. Da im sechsten Semester ein Projektseminar ansteht, das ich leite, haben sie mich gefragt, ob sie im Seminar das Projekt „Freie Lastenradl“ weiter entwickeln können. Das ist genau das, was wir im Studiengang erreichen möchten: Studierende werden dazu ausgebildet, auch eigene Projekte voran zu bringen. In dem Projektseminar sind dann noch Studierende anderer Fakultäten dazu gekommen und haben in zwei Teams, die mein Kollege Frank Palme zusammen mit mir gecoacht hat, die Freien Lastenradl unterstützt. Jetzt stehen Prozessbeschreibungen, ein neues Webdesign, ein Finanzierungsplan und außerdem sind bereits Lastenräder ausleihbar. Das alles in einem Semester zu schaffen, ist eine großartige Leistung. Das Projekt vereint in besonderer Weise verschiedene Aspekte sozialer Innovation: Es basiert auf der Idee des Commoning, also einer alternativen Wirtschaftsform jenseits von Gewinnmaximierung und Ressourcenverschwendung, es bringt klimafreundliche Mobiltätsangebote einfach und leicht zugänglich in die Stadt, es ist auch an anderen Orten anwendbar und bringt Menschen zusammen.