Thomas Fürst ist Leiter des Existenzgründungszentrums der Stadtsparkasse München. Eingebettet in ein Netzwerk aus Münchener Institutionen berät er mit seinem Team Unternehmen auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Welche Herausforderungen auf sie warten, erklärt er im Gespräch mit der Karriere München-Redakteurin Bettina Riedel.
Herr Fürst, welches Gründungsklima herrscht in München?
Meiner Einschätzung nach ein sehr Positives. Das merke ich natürlich vor allem an den vielen Anfragen, die uns täglich erreichen. Aber auch im gesamten Gründungsnetzwerk hier vor Ort zeigt sich dies: Die Mischung aus solidem Mittelstand, globalen Großunternehmen, der guten Infrastruktur und den wissenschaftlichen Institutionen bietet jedem Interessenten eine Plattform. Die Nachfrage nach Messen und Veranstaltungen für Gründer ist ungebrochen stark.
München gilt als kostenintensiver Standort. Ist das eine besondere Herausforderung für Gründer?
Man sollte nicht nur die Kostenseite betrachten, denn der Standort München bietet auch hervorragende Umsatzchancen.
Wie viele Anfragen erreichen das ExistenzgründungsCenter der Stadtsparkasse München im Jahr?
Im Jahr 2012 lagen uns etwa 800 Anfragen zur Beratung und Finanzierung vor. Zirka 100 Projekte davon haben wir bei der Realisierung begleitet. Das reicht von umfangreichen Gründungen bis hin zu Kleinunternehmungen. Das heißt aber nicht, dass im Gegenzug 700 Anfragen abgewiesen wurden. Die Entscheidung, ob wir eine potenzielle Gründung betreuen, erfolgt nicht immer ad hoc.
Sondern?
Es kommt oft zu mehreren Gesprächen, bevor wir eine Entscheidung treffen. Manche Gründungswillige treten beim ersten Termin bereits gut vorbereitet auf. Bei anderen fehlen oftmals noch wichtige Informationen. Diese Defizite werden besprochen und im Anschluss ausführlicher bearbeitet. Das Gute an dieser Vorgehensweise ist, dass die potenziellen Gründer einen Blick von außen erhalten. Unsere Existenzgründungsberater beurteilen die Idee nach einer Vielzahl objektiver Kriterien. Es kann natürlich auch passieren, dass das Konzept aus Sicht der Sparkasse keine Zukunft hat. Das sagen wir dem Kunden dann aber auch, denn alles Andere ist unlauter.
Was sind denn grundsätzliche Stolpersteine bei solchen Finanzierungsvorhaben?
Mangelnde Umsetzungsvorbereitung zum Beispiel. Die Geschäftsidee ist eben nur ein Aspekt von vielen. Es geht nicht nur darum, die Idee zu verwirklichen, sondern sie vor allem marktfähig zu realisieren. Das Ziel einer selbstständigen Tätigkeit ist es, damit Geld zu verdienen. Alles andere ist ein Hobby. Die Erfolge dürfen aber auch nicht nur darin bestehen, möglichst schnell Geld zu verdienen, sondern natürlich nachhaltig. Für eine gewinnbringende Idee muss man nicht immer die absolute Topinnovation leisten. Auch neue Qualitäts- und Serviceansprüche oder ein frischer Vertriebskanal können eine solide Grundlage zu geschäftlichem Erfolg sein.
Ist es sinnvoll, das Konzept zuvor Freunden oder Familienmitgliedern vorzustellen?
Das sehe ich kritisch. Zum einen müssen die Personen vertrauenswürdig sein, damit sie die Idee nicht selbst übernehmen. Zum anderen haben gerade enge Familienmitglieder eine sehr subjektive Wahrnehmung, sodass sie dadurch in ihrer Beurteilung beeinflusst werden. Wenn man Familie und Freunde überzeugt hat, ist das noch lange kein Markteintritt. Der Markt ist grundsätzlich erst einmal anonym – dort sind Sie unbekannt. Ich rate daher immer, die Kundenbrille aufzusetzen und das eigene Konzept so zu beurteilen. Dafür sollte man natürlich auch seine Zielgruppe gut kennen.
Beraten Sie bei der Sparkasse auch bezüglich der möglichen Markteintrittsstrategie?
Nein, denn das gehört nicht zu unseren Aufgaben als Finanzierungspartner. Strategien zu Marketing und Vertrieb sind Sache des Unternehmers und müssen auch im Businessplan enthalten sein. Wir beurteilen grundlegend, ob ein Markteintritt nachhaltig gelingen kann. Für die Erarbeitung von Strategien und Maßnahmen gibt es externe Berater.
Welche Fehler begehen Gründungswillige oft?
Viele fangen einfach an. Nur eine Idee und scheinbar genügend Eigenkapital reichen eben oftmals nicht aus. Und ohne einen solide aufgestellten Geschäftsplan kann man nicht einschätzen, ob die finanziellen Mittel wirklich umfangreich genug sind. Natürlich beraten wir auch Gründer, die zunächst nur Eigenkapital investiert haben. Wir versuchen immer zu helfen, aber manchmal ist es einfach zu spät. Dann kann das Geld bereits aufgezehrt sein und die Gründung vor dem Aus stehen. Oftmals wird auch die Trägheit des Marktes unterschätzt. Das heißt, die Zeiten, in denen Umsätze laut Planung generiert werden sollen, sind zu kurz angesetzt. Die Umsatzziele können nicht oder kaum mehr eingehalten werden. Ein erfolgreicher Markteintritt ist fraglich.
Welche Persönlichkeit sollte man als Gründer haben?
Man braucht definitiv Unternehmergeist und die Fähigkeit, einen Plan umzusetzen. Für die spätere Geschäftsentwicklung werden auch Führungsqualitäten benötigt – die hat nicht jeder. Man muss bereit sein, auch einmal den unbequemen Weg zu gehen. Zudem sollte man kreativ sein und über eine strukturierte Vorgehensweise verfügen. Wichtig sind auch eine hohe Frustrationstoleranz und Selbstdisziplin. Eine Gründung läuft selten nach Plan. Deshalb ist Mut zur Veränderung notwendig. Soziale Kompetenz und schnelle Reaktionszeiten sind auch von Vorteil.
Man kann aber nicht sofort über alle Kompetenzen verfügen.
Nein, natürlich nicht. Ein Handwerker ist zum Beispiel Fachexperte in seinem Gebiet. Was das Kaufmännische angeht, hat er aber – abgesehen von der Meisterprüfung – vielleicht noch nicht genügend Kenntnisse und Erfahrungen gesammelt. Diese muss er sich erst aneignen. Das sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Wie kann man denn im jeweiligen Bereich seine Wissenslücken kompensieren?
Gründer müssen sich einer gewissen betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit bewusst sein. Es ist einfach wichtig zu wissen, worum es geht. Wer sich mental nicht darauf einstellen möchte, scheitert aufgrund der kaufmännischen Unzulänglichkeit. Allerdings kann man sich jederzeit die Unterstützung eines seriösen und zuverlässigen Beraters holen. Wer mit mehreren Partnern zusammen gründet, muss auch in der Lage sein, Kollegen zu vertreten. Daher ist es in dieser Hinsicht wichtig, auch die Bereiche der anderen zu kennen.
Was raten Sie Gründungswilligen, die einen ersten Termin bei Ihnen haben?
Bleiben Sie authentisch. Sie müssen weder einen schwarzen Anzug tragen, noch eine möglichst beeindruckende Powerpoint-Präsentation vorführen. Damit überzeugt man nicht. Kompetenzen brauchen keine künstliche Verpackung.
Kontakt:
Thomas Fürst
Leiter des ExistenzgründerCenters der Stadtsparkasse München
089-2167-10261
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